Eine Erinnerung an die |
|||
Historische Tour |
|
|
|
|
|
|
Mailboxen waren die historischen Vorläufer der heutigen Onlinedienste. Die korrekte technische Bezeichnung lautet Bulletin Board System - oder kurz BBS. Der Begriff "Mailbox" leitete sich aus den Online-Postfächern ab, die in Bulletin Board Systemen erhältlich waren, und hat nichts mit den heutigen POP3-Mailboxen zu tun. Schließlich bürgerte sich "Mailbox" als Kurzform für ein Bulletin Board System ein. Mit einem Terminalprogramm wie Telix, Hyperterm oder ZOC und einem handelsüblichen Modem wählten sich die User über eine Telefonverbindung in die Mailbox ein und lasen und schrieben dort Nachrichten oder luden Software herunter. Frische Inhalte kamen über Nachrichten- oder Datennetze wie FIDO, mit deren Netzknoten sich die Mailboxen nachts austauschten. Zum Betrieb einer eigenen Mailbox war nicht mehr nötig als ein einzelner PC, ein Modem und eine Mailbox-Software - alles schon für wenige Mark zu haben. Die meisten Mailboxen wurden von Privatleuten als Hobby betrieben - oft mit hohem persönlichen und finanziellen Einsatz. Gegen Zahlung einer Spende erhielten die User erweiterte Rechte zum Lesen und Schreiben von Nachrichten und zum Herunterladen von Programmen. Mailboxen waren besonders zwischen 1993 und 1997 beliebt. |
|
|
Die CEUS-Mailbox gehörte zu den größten und bekanntesten Mailboxen Deutschlands. Jörg Stengel und Stefan Krähling gründeten die CEUS-Mailbox im Jahr 1990. Im Frühjahr 1994 stieß ich dazu und betreute die Mailbox als System-Administrator und Produktmanager. (Foto vom CEUS-Team). Die CEUS-Mailbox hat sich auf zwei Stärken konzentriert: die eigene Software-Redaktion und die große Distributions-Kapazität. Täglich stellte die CEUS-Redaktion neue, auf Herz und Nieren geprüfte Programme mit eigenen deutschen Beschreibungen zum sofortigen Herunterladen und Ausprobieren vor. Besonders empfehlenswerte Programme wurden mit eigenen Werbebildschirmen präsentiert. Wöchentlich aktualisierte Charts spiegelten die beliebtesten Top-10-Programme wider. Um die starke Nachfrage zu bedienen, baute CEUS in den Spitzenzeiten die Zugänge in München auf 40 Leitungen aus; später folgten eigene Filialen in Berlin, Hamburg und Köln. Zeitschriften wie CHIP, DOS International, Highscreen Highlights, PC Anwender und PC Shopping boten ihre Mehrwertdienste in CEUS an. Für ELSA verteilte CEUS die neuesten Treiber und für Topware das Update zur D-Info-CD. 1994 wählten die Leser der Fachzeitschrift PC Online die CEUS-Mailbox mit 33,82% aller Stimmen zur Mailbox des Jahres. Bis April 1999 nahm die CEUS-Mailbox über 1 Million Anrufe entgegen. |
Meine Aufgabe bei CEUS zwischen 1994 und 1997 war das Produktmanagement der CEUS-Mailbox. Dazu gehörten das Online-Design (ANSI-Menüs und Werbebildschirme), die Software-Redaktion (täglich neue Programme testen und mit eigenen Texten vorstellen), der Kundendienst (Verfassen von Anleitungen, E-Mail, Telefonsupport) und die Akquise von Kooperationen mit Zeitschriften und Herstellern. Mitte 1997 habe ich die CEUS Online-Services GmbH verlassen, um mich neuen Herausforderungen zu stellen. |
|
|
|
|
Der CEUS Begrüßungsbildschirm. Neue Teilnehmer konnten über einen kostenlosen Gastzugang die CEUS-Mailbox erkunden und auf freie Bereiche zugreifen. |
|
Die Software-News informierten gleich nach der Anmeldung über neu eingetroffene Programme. |
|
Der Aachener Hersteller ELSA bewarb in der CEUS-Mailbox seine aktuellen Modems. |
|
In Hinweisbildschirmen informierte CEUS die User über neue Systemfunktionen. CEUS bot bereits 1996 erste Internet-Funktionen wie E-Mail und Dateiversand an. |
|
Lange vor IRC und ICQ konnten CEUS-User in der Mailbox mit bis zu 40 anderen Teilnehmern chatten. |
|
Die CEUS-News, angedeutet als ausgerissene Zeitung, informierten über Neuheiten und System-Erweiterungen. |
|
|
|
|
Das Hauptmenü von CEUS konzentrierte sich auf die Software und lieferte alle wichtigen Programm- und Download-Funktionen auf einen Blick. |
|
In der Rubrik CEUS-TIP stellte CEUS jede Woche drei besonders empfehlenswerte Programme vor. |
|
Für einen schnellen Zugriff und optimalen Überblick waren die vielen Tausend Programme der CEUS-Mailbox in verschiedenen Software-Rubriken zusammengefaßt. |
|
Die Dateiliste der CEUS-Mailbox ermöglichte mit ihrem aufgeräumten, übersichtlichen Layout und den deutschen Beschreibungen eine schnelle Übersicht. |
|
Aus mehreren Tausend Downloads pro Woche ermittelte CEUS die Top 10 der beliebtesten Programme. |
|
Auf reges Interesse stieß der Kleinanzeigenmarkt in der CEUS-Mailbox. |
|
|
|
|
CEUS war die offizielle Support-Mailbox der Computerzeitschrift CHIP. In einem eigenen Bereich stellte die Redaktion Sharewareprogramme zum kostenlosen Download bereit. |
|
Leser der CT konnten die Register-Updates und Heft-Listings kostenlos aus der CEUS-Mailbox laden. |
|
Die Zeitschrift DOS International (heute: PC Magazin) nutzte schon frühzeitig Mailboxen, um ihre Databoxen mit Heft-Listings kostenlos zu verteilen. |
|
Ebenfalls zum kostenlosen Download in CEUS: Die Datadisk von PC Shopping, eine monatlich aktualisierte Artikeldatenbank für Schnäppchenjäger. |
|
Highscreen Highlights präsentierte in ihrem Bereich Shareware sowie die eigens fürs Heft programmierten Mini-Tools und die Support-Seiten "Pannendienst" aus dem Magazin. |
|
Die Leser der Zeitschriften test und Finanztest konnten Register-Updates kostenlos aus der CEUS-Mailbox herunterladen. |
|
PC Anwender pflegte einen eigenen Dateibereich in CEUS und bot den Lesern Shareware zum kostenlosen Download an. |
|
|
So lustig, bunt und aufregend ging es in der CEUS-Mailbox viele Jahre lang zu. Doch 1997 deutete sich bereits an, dass die Onlinetechnologie bald vor einem fundamentalen Umbruch stehen würde: weg von einzelnen lokalen Bulletin Board Systemen und hin zu global vernetzten TCP/IP-Systemen. Schon kurze Zeit später begann der Internet-Boom in Deutschland, und bunte WWW-Seiten verdrängten das Interesse der Surfer an (vergleichsweise) antiquierten Mailbox-Systemen mit spärlicher Grafik. Natürlich überlegten wir frühzeitig, unser ausgetüfteltes Onlinesystem samt riesigem Software-Archiv auf einen entsprechenden Webserver zu portieren. Allein, es scheiterte an den Kosten: Die Datentransfer-Preise waren damals derart hoch (1 Gigabyte Download-Traffic im Jahr 1998: 1000 Mark - im Jahr 2005: 1,50 Euro), dass ein Webserver-Betrieb angesichts der vorliegenden Kundenumsätze völlig unwirtschaftlich war. Wir planten hin und her, rechneten vor und zurück - aber es ging nicht auf. Im Spätsommer 1997 habe ich nach über drei Jahren Mitarbeit das CEUS-Team verlassen, um mich neuen Herausforderungen zu stellen. Die Ex-Kollegen betrieben die CEUS-Mailbox noch bis zum Frühjahr 1999 weiter. Bis zur Abschaltung nahm die CEUS-Mailbox über 1 Million Anrufe entgegen. |
|
|
|